Kommunizieren über die Bienen – nach dem Beispiel der Bienen

|   Botanik, Ökologie, Landschaft

Johannes Wirz

Eine wichtige Kommunikationsform im Bienenstock sind die sog. Schwänzeltänze. Mit ihnen zeigen Sammlerinnen ihren Schwestern die Richtung, die Entfernung und die Qualität der Nektarquelle an. Ohne diese Art der Kommunikation könnte ein Volk nicht überleben.

Ich habe 2020 ca. acht Arbeitswochen mit Einführungskursen in die wesensgemässe Bienenhaltung, online Veranstaltungen mit BienenfreundInnen in den USA, UK und Portugal, Artikelschreiben, der englischen Übersetzung des Buches über die biodynamische Bienenhaltung (zusammen mit Norbert Poeplau), Konferenzen, Vorträgen, Führungen und individuellen Beratungen und Bienenbesuchen verbracht. Ich hoffe, ich habe wie die Bienen richtungsweisend, mit realistischen Einschätzungen zur Länge des Weges hin zu einer bienenfreundlichen, spirituellen Imkerei und mit der dafür notwendigen Leidenschaft kommuniziert.

Drei Momente möchte ich besonders hervorheben. Der erste war ein Seminar mit Mitarbeitenden einer mittelständischen Schreinerei für Messestände, Gastroeinrichtungen und Küchenbau. Der Geschäftsführer hatte mich gebeten, mit den TeilnehmerInnen die Entscheidungsfindung zu üben, so wie es die Bienen im Schwarm für die Wahl einer neuen Behausung machen. Dazu gehören Sorgfalt, volle Transparenz über alle vorhandenen Infos, Einschätzungen aller Beteiligten, Verzicht auf «Lobbying» und ein Quorumsentscheid von 70 %. Zum ersten Mal trafen sich die Entwicklungsabteilung, die Hersteller, die Logistiker und die Finanzleute zu einem gemeinsamen Gespräch – und waren glücklich, die in jedem Gebiet komplexen Abläufe besprechen und Formen einer strukturierten Entscheidung finden zu können. Die Veranstaltung war ein Highlight.

Das zweite glückliche Ereignis war die Anleitung einer Meditation mit dem Titel «Die Erde ist unsere Sonne», die online angeboten wurde, weil wegen Corona das Seminar «Bienen und Spiritualität» nicht als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden konnte. Mit den ca. 50 TeilnehmerInnen gelang es trotz der digitalen Technik, eine Art von Resonanzraum und Stille zu erzeugen, die tief berührten – mit Menschen aus ganz Europa.

Als drittes gehörten zu den Höhepunkten auch die Besuche an den Bienenständen, bei denen eine kleine Gruppe oder Einzelne einen oft erstmaligen Einblick in das Innere eines Bienenvolkes machen konnten. Auch nach mehr als 20 Jahren Erfahrung gehört das Eintauchen in diese friedliche Welt einer emsigen Bienenaktivität verbunden mit Düften und Wärmeeindrücken zur Magie der Bienenhaltung. Kinder haben oft am meisten Freude. Nach einer ersten Überwindung naschen sie gerne von einer mit Bienen besetzten Wabe mit dem Finger ein bisschen Honig. Ein quirliges Mädchen wurde dabei von einer Biene mit einem Stich zurechtgewiesen. Weinend rief sie mir zu: «Jetzt komme ich nie mehr mit Dir zu den Bienen!» Wenige Minuten später stand sie wieder am offenen Bienenstock und fragte: «Darf ich nochmals ein bisschen Honig naschen?»

Schneeweisse Waben, die im Stockdunkel gebaut werden, erregen bei allen BesucherInnen immer wieder Staunen und Ehrfurcht und sind Zeichen der Vitalität von jungen Bienenvölkern.
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