Internationale Konferenz:
Evolving Morphology 2017

am Forschungsinstitut am Goetheanum
4. - 8. Oktober 2017

Im Licht der epigenetischen Vererbung von Eigenschaften, die ein Organismus während seiner Entwicklung erworben hat, erobert der Phänotyp wieder eine zentrale Stellung in Evolutionstheorien. In dieser Situation sind Konzepte gefragt, die erlauben, neben dem intensiv erforschten survival of the fittest auch zu verstehen, wie das arrival of the fittest zustande kommt. Aus diesem Grund freuen wir uns, mit der Konferenz

Evolving Morphology, vom 4. – 8 Oktober 2017

den 200. Jahrestag der Herausgabe von Goethes morphologischen Schriften „Über Naturwissenschaft im Allgemeinen, Morphologie im Besonderen“ zu feiern. Darin hat sich Goethe neben anderen Denkern seiner Zeit als ein Wegbereiter für die Konzepte der Entwicklungsbiologie und der Epigentik erwiesen.

Im Zusammenhang mit der evolutionären Entwicklungsbiologie und der Phylogenese-Forschung, wo Entwicklungsprozesse während der Gestaltbildung und deren Vererbung eine Hauptrolle spielen, hat Goethes Motto: Form (μορφή) als Bildung und Umbildung der Morphologie eine neue Bedeutung verliehen. Das zukunftsweisende Forschungsprogramm, das er mit seiner Auffassung der Morphologie entworfen hat, ist eine Wissenschaft der phänotypischen Entwicklung. Diese ist unter modernen Biologen zum Schlüsselwort für eine erweiterte Auffassung von Evolution geworden.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Goethe in den letzten dreissig Jahren insbesondere in Publikationen über die Entwicklungsgenetik der Pflanzen einer der meist zitierten Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts ist. Ergebnisse, die aus Experimenten mit Hilfe molekularer Modelle gewonnen werden, bekräftigen zunehmend Begriffe und Resultate, die er in seiner Metamorphose der Pflanzen entworfen hat.

Ausserdem enthält der goethesche Begriff Bildung einen Menschen bildenden Aspekt. Die Forschenden sind eingeladen, sich auf einen Prozess einzulassen, den man Partizipation nennen kann. In dessen Verlauf werden kognitive Fähigkeiten entfaltet und entwickeln sich weiter. Wie Goethe in Maximen und Reflektionen bemerkt, ermöglicht eine zarte Empirie, sich anschauend mit dem begrifflichen Inhalt eines Phänomens zu verbinden. Die Morphologie ist somit insofern eine partizipative Wissenschaft, als sie die Verbindung zwischen Erkennen und Leben begreiflich macht. Damit ist sie gleichzeitig eine Morphologie des menschlichen Erkennens.

Ein erstes Ziel der Konferenz Evolving Morphology ist es, die begrifflichen und empirischen Grundlagen von Goethes Morphologie zu vergegenwärtigen und damit ein Bild seiner originären Art des dynamischen Schauens zu skizzieren; zweitens geht es darum, die Rolle seiner Morphologie in Wissenschaft und Ausbildung der modernen Biologie auszuloten, und schliesslich ihre ethischen Implikationen in Bezug auf das öffentliche Bewusstsein für Umwelt- und ökologische Fragen hervorzuheben.

In Anlehnung an Aufbau und Inhalt der Morphologischen Schriften haben wir für die Konferenz das Format eines dreigeteilten Ganzen gewählt:

1. Die Geschichte der Morphologie: Es wurde in Goethes Zeit begrüsst, wenn wissenschaftliche Werke von historischen und autobiografischen Bemerkungen begleitet waren. Die Wissenschaftshistorikerin und Goethe-Kennerin Dorothea Kuhn hat diesen Aspekt in Goethes naturwissenschaftlichen Schriften hervorgehoben und als das autobiografische Prinzip bezeichnet. Unter diesem Gesichtspunkt möchten wir die ursprüngliche Absicht und Bedeutung seiner Morphologie in den Raum stellen.

2. Die Philosophie der Morphologie: Die „Anschauende Urteilskraft“ ist zentral für Goethes Begriff der Gestalt. Dieses erkenntnistheoretische Prinzip durchzieht die ganzen Schriften „Zur Morphologie“ und gibt die Methode der morphologischen Forschung vor – die vergleichende und entwickelnde Methode.

3. Die Wissenschaft Morphologie: Hier soll mit der Darstellung zeitgenössischer Arbeiten der Inhalt der Morphologie präsentiert werden, um ihre Bedeutung in aktuellen Wissenschaftsgebieten zu bewerten. Wie und in welchem Ausmass muss sie in der Debatte um Entwicklungsgenetik und kladistische Forschungsprogramme neu gegriffen werden?

Das Tagesthema wird jeweils von Vorträgen und in Gruppendiskussionen beleuchtet.

Ausserdem ist täglich Zeit für Kurzbeiträge vorgesehen, in der Teilnehmende Gelegenheit haben die eigene Arbeit vorzustellen. Die Beiträge können aus themenbezogenen Gebieten wie Pflanzen- und Tiermorphologie, sowie aus der Morphologie des Menschen stammen.
Format: 20 Minuten (ca. 15 Min. Präsentation und 5 Min. Diskussion).
Der Beitrag kann in deutsch oder englisch gehalten werden.

Wir freuen uns über die Anmeldung ihrer Kurzpräsentation bis zum 1. Juli 2017 unter:

http://www.forschungsinstitut.ch/veranstaltungen/evolving-morphology-17/kurzbeitraege/

Die Konferenz wird zweisprachig in deutsch und englisch durchgeführt.

 

Wir freuen uns, Sie hoffentlich an unserer Tagung willkommen heissen zu dürfen!
Ruth Richter, Joao Felipe Toni, Johannes Kühl und das Team der Naturwissenschaftlichen Sektion

 


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